Kategorie: Das Hundertwasserhaus in Wien


Das Hundertwasserhaus in Wien
ist nicht mit normalen Massstäben zu messen

Auszüge aus einer Pressekonferenz
mit Friedensreich Hundertwasser 1980 in Wien

Die bunte Fassade des Hundertwasser-Haus

...Ohne menschengerechte Umwelt und ohne Frieden mit der Natur ist ein menschenwürdiges Dasein unmöglich. Dieses Haus soll den ersten Ansatz eines Gespräches mit der Natur darstellen. Wobei wir und die Natur gleichberechtigte Partner sind und nicht einer den anderen unterdrücken darf.

...So müssen im ökologischen Haus Fensterrecht und Baumpflicht wiederhergestellt werden. FENSTERRECHT bedeutet die Freiheit der schöpferischen Gestaltung des dem Bewohner zugewiesenen vorfabrizierten Wohnbereiches durch den Bewohner.

...Dies betrifft insbesondere die Außenmauer seiner Wohnung. „Der Mensch muss die Möglichkeit haben, sich aus seinem Fenster zu beugen und, soweit sein Arm reicht, alles rosa zu bemalen, damit man von weitem, von der Straße sehen kann: Dort wohnt ein Mensch."

Eine Winteraufnahme auf die bunte Fassade des Hundertwasserhaus

...Der Mensch hat drei Häute. Seine eigene, seine Kleidung und seine Behausung. Alle drei Häute müssen ständig wachsen und sich ununterbrochen wandeln, sonst stirbt der Organismus.

...Mit dem Einzug des Bewohners muss die schöpferische Bautätigkeit des Bewohners erst beginnen und darf nicht vor seinem Einzug abgeschlossen sein.

...Wenn man verbietet, die Architekturhaut wachsen zu lassen wie seine eigene, ist das ein gefährliches Abwürgen des Lebens. Die gehemmten Energien entladen sich dann woanders: In Aggression, Depression, in Krankheit, Unglücklichsein, Scheidung, Selbstmord, Terrorismus, Vandalismus, Geisteskrankheit.

...BAUMPFLICHT bedeutet die Wiederherstellung des Dialoges mit der Natur. Es geht um eine fundamentale Kehrtwendung, um eine fundamentale Neuorientierung.

...Ein tägliches Leben ohne intimen Kontakt mit Bäumen, Pflanzen, Erde und Humus ist menschenunwürdig. Es geht nicht darum, mehr städtisch gepflegte Rasenflächen anzulegen, sondern darum, der wildwachsenden Natur auch im Stadtbild zu ihrem Recht zu verhelfen. Nur ein frei wachsender Baum ist ein wahrer Partner der uns mehr gibt als wir ahnen.

Die bunte Fassade des Hundertwasserhaus

...Die genormten vorfabrizierten Bauteile machen ein schnelleres, scheinbar billigeres Bauen möglich, kreative und natürliche Unregelmäßigkeiten jedoch unmöglich. Ein menschenwürdiges Haus müsste so sein wie ein altes Bauernhaus. Alle Fenster verschieden groß, nicht in einer Fluchtlinie und nicht in einer Ebene liegend, an verschiedenen, harmonischen organischen Stellen angebracht. Die Stockwerke verschieden hoch, die unteren höher­, die oberen niedriger. Einige Balkone verschiedener Art und Größe ornamental ­und organisch angebracht.

...Die Außenwand nicht perfekt glatt und flach wie Pressplatten, sondern natürlich, fast unmerklich buckelig, mit der Hand verschmiert oder aber mit Mosaik und Ornamenten durchzogen. Die Stufen verschieden hoch, verschieden breit und in verschiedenen Materialien. Wilder Wein, Efeu, Veitschi und Bäume müssen von Anbeginn an im Bauplan verankert sein. Die Bäume müssen noch vor der oder zur Grundsteinlegung gepflanzt werden.